Der heute weltweit herrschende Kapitalismus führt dazu, dass die große Mehrheit der Menschheit in Armut, Kriegen und Unterdrückung lebt und die Menschheit und die Natur, deren Teil sie ist, in unumkehrbare Katastrophen stürzt. Diese Ordnung muss ein Ende finden. Fest steht aber auch, dass dies nicht spontan geschehen wird und dass die herrschende Klasse, die ein ureigenes Interesse am Fortbestand des Kapitalismus hat, ihre Macht nicht freiwillig aufgeben wird. Diese Ordnung muss durch eine soziale Revolution überwunden werden. Dies kann nur durch den Aufstand der Arbeiter:innen möglich sein, deren Arbeitskraft von den Kapitalist:innen ausgebeutet wird, obwohl sie die Mehrheit der Menschheit darstellen und den gesamten Produktionsprozess beherrschen.
Wir erleben den Konflikt zwischen der Arbeiter:innenklasse, zu der wir gehören, und der ausbeutenden Klasse, jeden Moment an unseren Arbeitsplätzen. Ob wir in einer Fabrik, auf dem Bau, in einer Bar, in einem Supermarkt, auf einem Plaza/ Platz, in einer Behörde, auf der Straße oder zu Hause arbeiten, ob wir gebildet sind, ob wir Einheimische oder Migrant:innen sind, ob wir unterschiedliche Kulturen, Glaubensrichtungen, Ansichten, Nationalitäten, Geschlechter, sexuelle Orientierungen haben, auch wenn sie unsere Lebensbedingungen verändern und uns mit unterschiedlichen Problemen zu schaffen machen, ändern sie dennoch nichts an der Tatsache, dass wir unsere Arbeitskraft verkaufen müssen, um unser Leben zu finanzieren, das heißt, dass wir ausgebeutet werden. Als Arbeiter:innen bilden wir die große Mehrheit der Gesellschaft und wir sind diejenigen, die alles aufrechterhalten, aber wenn wir nicht organisiert sind, geht der Konflikt zwischen uns und den Kapitalist:innen zu deren Gunsten weiter. Wir kommen uns schwach und hilflos vor, wenn sich unsere Lebens- und Arbeitsbedingungen verschlechtern und die staatliche Kontrolle und der Druck zunehmen und wir werden uns weiterhin so fühlen, wenn wir nicht zusammenhalten. Aus diesem Grund müssen wir uns zunächst zusammenschließen und an den Arbeitsplätzen kämpfen, da die Arbeitsplätze das Herz des Kapitalismus sind und wir an ihnen den größten Teil unseres Lebens verbringen. Natürlich wird es in einigen Branchen nicht möglich oder ausreichend sein, sich nur an einzelnen Arbeitsplätzen zu organisieren, z.B. wegen der geringen Zahl der dort arbeitenden Personen, der Häufigkeit von flexiblen Arbeitszeiten, der zeitlich begrenzten Arbeit oder der regelmäßigen Wechsel der Arbeiter:innen. Daher brauchen wir in einigen Branchen berufliche oder regionale Organisationen. Andererseits ist es für die Organisierung an den Arbeitsplätzen wichtig, dass wir mit unseren Kolleginnen und Kollegen in den verschiedenen Lebensbereichen engere Beziehungen und solidarische Verhältnisse aufbauen, denn schließlich müssen unsere Bemühungen und unsere Organisationen eine allumfassende Wirkung auf unser Leben haben. Auch wenn es eine Notwendigkeit sein wird, Organisationsformen zu finden und zu schaffen, die für unsere Zwecke und die Besonderheiten unserer Arbeit geeignet sind, macht die zentrale Stellung der Arbeitsplätze für den Kapitalismus sie auch zu einem zentralen Ort für unsere Organisierung.
Die herrschende Klasse ist und wird weiterhin Ausbeutung, Unterdrückung und Gewalt vorantreiben, indem sie das Machtgleichgewicht zu ihren Gunsten ausnutzt. Um unsere derzeitigen Bedingungen zu verteidigen und unsere Lebensbedingungen zu verbessern, müssen wir die Machtverhältnisse zwischen den Klassen zugunsten der Arbeiter:innen verändern. Das Ziel unseres Kampfes in den Betrieben besteht vor allem darin, die Macht der Chef's, die sich aus ihrem Eigentum an den Produktionsmitteln ergibt, zu schwächen und das Machtgleichgewicht zu unseren Gunsten zu bewegen. Dazu müssen wir in jeder Phase der Organisierung darauf hinwirken, dass die Entscheidungsprozesse in den Betrieben unter die Kontrolle der Arbeiter:innen gestellt werden. Dies können wir nicht allein erreichen. Es ist etwas, das nur kollektiv von der Arbeiter:innenklasse, der wir angehören, erreicht werden kann, und es kann nur durch die Schaffung inoffizieller, unabhängiger Gewerkschaften an den Arbeitsplätzen möglich sein, die Politik machen und die Macht der Kapitalist:innen durch direkte Aktionen schwächen - und schließlich abschaffen. Manchmal handelt es sich um temporäre Gewerkschaften, die für die unmittelbaren Kämpfe benötigt werden, manchmal aber auch um solidere Organisationsformen. Das Wichtigste ist, dass sie sich direkt auf den Willen der Arbeiter:innen an ihren Arbeitsplätzen stützen und auf ihre Bedürfnisse eingehen.
Wir wissen, dass Parlamente und alle Arten von gesetzgebenden Organen keine andere Funktion haben, als ein auf Ungerechtigkeit, Ausbeutung und Herrschaft basierendes System zu legitimieren, dass unsere Probleme nicht auf parlamentarischem Wege gelöst werden können und dass es unserem Kampf schadet, sich auf diese Organe zu verlassen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass wir die Politik ablehnen. Im Gegenteil, wir sind der Meinung, dass die Arbeitsplätze für die Arbeiter:innenklasse der wichtigste Ort ist, um Politik zu machen und gegen alle Arten von Problemen zu kämpfen, mit denen wir konfrontiert sind, von den einfachsten bis zu den komplexesten.
Unser Kampf an den Arbeitsplätzen darf sich nicht auf finanzielle Forderungen beschränken. Die Unterscheidung zwischen Wirtschaft und Politik ist eine von der herrschenden Klasse künstlich geschaffene Illusion; unser ganzes Leben und insbesondere das, was wir am Arbeitsplatz erleben, sei eine Erweiterung der Politik. Die Diskriminierung aufgrund unserer nationalen Identität, ob wir Einheimische oder Migrant:innen sind, unseres Glaubens, unseres Geschlechts, unserer sexuellen Orientierung/Präferenzen usw. beeinträchtigt nicht nur unser gesamtes Leben, sondern schadet auch unserer Solidarität am Arbeitsplatz. Aus diesem Grund müssen wir auch politische Maßnahmen ergreifen und gegen alle Formen der Diskriminierung am Arbeitsplatz kämpfen. Unter Umständen, in denen der Kapitalismus die Natur unwiderruflich ausbeutet und die Folgen der Klimakrise unser Leben direkt beeinflussen, muss der Kampf für die Ökologie auch als Teil unserer Politik am Arbeitsplatz betrachtet werden.
Der Kampf der Arbeiter:innenklasse ist nicht an eine Nation oder an nationale Grenzen gebunden. Wir wissen, dass der Nationalismus die Arbeiter:innen künstlich spaltet und unsere Einigkeit und unseren Kampf schwächt. Während wir an den Arbeitsplätzen kämpfen, müssen wir auch den Nationalismus bekämpfen, den größten ideologischen Feind, der unsere Einigkeit zerstört, sowie die Kontrollmechanismen des Staates und der Konzerne, die unser Leben zunehmend beherrschen. Aus diesem Grund sehen wir es als unsere Pflicht an, gegen das Gift des Nationalismus zu kämpfen, und wir definieren die Stärkung der internationalistischen Solidarität als eines unserer Hauptziele.
Wir wissen, dass die Mitgliedschaft in amtlichen Gewerkschaften, die im Namen der Arbeiter:innen mit den Chef's über wirtschaftliche Forderungen verhandeln und in Wirklichkeit oft nichts anderes sind als eine Last auf dem Rücken der Arbeiter:innen, bestenfalls nutzlos sind und dass die Abhängigkeit von den Gewerkschaften oft mehr Schaden als Nutzen bewirken. Echte Kämpfe am Arbeitsplatz sind nur durch die aktive Beteiligung der Arbeiter:innen an allen Prozessen und die Überwindung der Kontrolle durch die amtlichen Gewerkschaften möglich. Historische und aktuelle Beispiele zeigen, dass erfolgreichere Ergebnisse erzielt werden, wenn die Arbeiter:innen ihre eigenen Bedürfnisse und Strategien am Arbeitsplatz direkt diskutieren und umsetzen.
In allen Bereichen des sozialen Kampfes treten wir dafür ein, dass Hierarchien nicht etabliert werden dürfen, dass basisdemokratische Mechanismen gelten und dass alle, die betroffen sind, das Recht auf gleichberechtigte Teilnahme an allen Prozessen haben. Wir sehen es als unsere Pflicht an, Entscheidungen, die auf diesen Prinzipien beruhen, nicht nur bei uns selbst zu treffen, sondern dieses Verständnis auch in allen Bereichen, in denen wir tätig sind, zu erklären und auf die Entstehung entsprechender Organisationen hinzuwirken.
Es ist notwendig, aber nicht ausreichend, dass die Organisationen in den Betrieben basisdemokratisch sind. Sie müssen auch die Eigenschaft haben, im Rahmen der Gesamtheit der wirtschaftlichen und politischen Kämpfe bewusst und planvoll zusammenzuarbeiten, um zu versuchen, das Machtgleichgewicht in den Betrieben zugunsten der Arbeiter:innen zu verbessern.
Um diese Ziele zu erreichen, ist eine politische und kämpferische Arbeiter:innenorganisation notwendig, die den Kapitalismus überwinden und die endgültige Befreiung der Arbeiter:innenklasse erreichen will. İsçi Birlikleri sind mit dem Ziel entstanden, diese Ideen zu verbreiten, die Bildung und Aufrechterhaltung unabhängiger Gewerkschaften auf der Grundlage von Arbeitsplätzen, Regionen und Berufen entsprechend den Besonderheiten der Arbeitsbereiche zu unterstützen, die Solidarität und Koordinierung zwischen diesen Gewerkschaften zu gewährleisten und Kanäle der Kommunikation und Solidarität mit der Arbeiter:innenbewegung auf internationaler Ebene zu schaffen.
Autor: İşci Birlikleri | Übersetzung: Eray D.