Laut unserem Untertitel sind wir eine rätekommunistisch-anarchistische Gruppe. Allerdings empfinden wir diese Beschreibung heute nicht mehr als ausreichend. Wir sehen uns weder als orthodoxe Rätekommunist/innen, noch als reine Anarchist/innen, sondern begreifen uns als sozialrevolutionäre Gruppe in der Tradition verschiedener dissidenter Strömungen der Arbeiter*/innenbewegung. Dazu gehören dann natürlich auch der Rätekommunismus und Elemente des Anarchismus, vor allem des Anarchokommunismus, aber eben auch andere historische Strömungen wie der Operaismus, der westliche Marxismus, der Linkskommunismus oder auch der Situationismus. Zentral für unser Selbstverständnis ist eine Orientierung an der Selbsttätigkeit der Klasse und die Ablehnung jeglicher etatistischer Vorstellung von einer anderen Gesellschaft.
La Banda Vaga hat sich 1997 in Freiburg gegründet. Wir feiern also dieses Jahr unser 25-jähriges Bestehen. In diesem Vierteljahrhundert haben sich natürlich nicht nur politische Positionen verändern und weiterentwickelt, sondern auch eine große Anzahl Genoss*/innen kamen und gingen wieder. Dadurch hat sich auch unser Verhältnis zur anarchistischen Bewegung stetig gewandelt. Doch während wir es geschafft haben unser Verhältnis zum Rätekommunismus in einem Text zu definieren, ist uns dies im Hinblick auf den Anarchismus bisher noch nicht gelungen. Vielleich brauchen wir dafür nochmal 25 Jahre?
Aktuell erscheint gerade die 6. Ausgabe der Zeitschrift Kosmoprolet, die wir gemeinsam mit Gruppen aus Berlin, Hamburg, Frankfurt und der Schweiz herausgeben. Daneben ist aus einem erweiterten Kreis um den Kosmoprolet heraus eine Blogprojekt namens Communaut entstanden, an dem wir ebenfalls beteiligt sind. Auf diesem erscheinen regelmäßig Texte aus dem sozialrevolutionären Milieu. Ansonsten haben wir gerade ein 20 Jahre altes Flugblatt von uns aktualisiert und bei Aktionen gegen die Querdenken-Proteste verteilt. Das Flugi war ursprünglich ein Einladungstext für eine Veranstaltungsreihe gegen Esoterik und Religion, erwies sich beim Wiederlesen aber als erstaunlich aktuell bezüglich der sog. Querdenker*/innen. Aus diesem Grund haben wir es auf diese hin überarbeitet und neu aufgelegt.
Wir würden den Rätekommunismus als historische Bewegung bewerten, von dem wir zwar viel lernen können, dessen Positionen aber nicht unmittelbar auf die heutige Zeit übertragen werden können. Das Prinzip des „Alle Macht den Räten“, also die unmittelbare Selbstverwaltung aller Bereiche durch die Betroffenen selber, ohne jede Form von Stellvertreter*/innenpolitik halten wir aber weiterhin für zentral für eine emanzipatorische Umgestaltung der herrschenden Verhältnisse. Das dafür die Produktionsverhältnisse eine wesentliche Rolle spielen und deshalb eine Umgestaltung der Gesellschaft ohne eine Revolutionierung von Produktion und Reproduktion nicht denkbar ist und somit auch nicht ohne die aktive Tat der Proletarisierten möglich ist, ist für uns eine zweite Lehre aus dem Rätekommunismus. Als drittes vertreten wir auch einen konsequenten Antietatismus, der Staat kann nie ein Weg der Befreiung sein. Während wir zwar in letzter Zeit ein wieder verstärktes Interesse an den historischen Positionen des Rätekommunismus wahrnehmen und auch die Prinzipien der Selbstverwaltung und der Ablehnung von Repräsentation und Politik feststellen können und in den sozialen Bewegungen durchaus eine weite Verbreitung gefunden haben, ist der Stand der Klassenkämpfe gerade hierzulande noch wenig entwickelt.
Corona hat natürlich auch uns schwer getroffen und unsere Aktivitäten und das Gruppenleben massiv beeinflusst und verändert. Wir mussten unsere öffentlichen Aktivitäten deutlich runterfahren und auch die sozialen Aspekte innerhalb der Gruppe haben natürlich unter der allgemein bedrückenden Situation gelitten. Auch hatten wir, ähnlich wie große Teile der radikalen Linken, durchaus Schwierigkeiten eigene klassenkämpferische Positionen zu erarbeiten. Zwar haben wir zwei Agitationsfluglätter geschrieben, die wir während des Lockdowns in Briefkästen geworfen haben, aber bis dahin haben wir relativ lange für eine Positionsbestimmung gebraucht. Allerdings hatte die Pandemie auch eine gute Seite. Durch die (erzwungene) Umstellung unserer Treffen auf Videokonferenzen ist es nun möglich, dass Genossinnen und Genossen, die in andere Städte gezogen sind, an den Treffen wieder teilnehmen. Aber insgesamt müssen wir natürlich festhalten, dass die Corona-Pandemie unsere Gruppenaktivitäten und auch das Engagement schon massiv negativ beeinflusst haben.
Im Vergleich zu anderen Regionen der Welt und natürlich dem was den Verhältnissen angemessen wäre, sind die Klassenkämpfe hierzulande noch sehr schwach ausgeprägt. Allerdings sehen wir auch, dass es in den letzten Jahren einige interessante Entwicklungen zu beobachten gibt: Da wären zum einen die so genannten Spartengewerkschaften, wie die Gewerkschaft der Lokführer (GdL), die zwar in vielem sogar rechts von den DGB-Gewerkschaften stehen und z. T. Interessen privilegierter Beschäftigungsgruppen vertreten, die aber im schroffen Gegensatz zu den DGB-Gewerkschaften in ihren Tarifauseinandersetzungen konsequent die Interessen ihrer Mitglieder durchsetzen und nicht an das nationale Ganze appellieren. Dann wären da auch die Kämpfe prekarisierter Beschäftigter, etwa bei den Essenslieferdiensten, wo es zu wilden Streiks kam und wo auch Basisgewerkschaften beteiligt waren. Und als dritten Punkt wollen wir auf die Kämpfe im Gesundheitswesen verweisen, wo etwa die Berliner Krankenhausbewegung erste Erfolge für bessere Arbeitsbedingungen erringen konnte. Gerade in einer Pandemie haben diese Kämpfe unmittelbar gesellschaftliche Bedeutung. Wir als Gruppe wollen und können diese Kämpfe gar nicht anheizen oder besser organisieren. Das müssen die Betroffenen schon selber machen, aber wir können sie unterstützen, etwa in dem wir versuchen dies weiter bekannt zu machen. Und natürlich versuchen wir dort wo wir jeweils leben, lernen oder arbeiten uns gegen die Zumutungen der herrschenden Verhältnisse zur Wehr zu setzen. Auch wenn es nicht immer klappt, versuchen wir also zumindest, keinen reinen Feierabendaktivismus zu leben, sondern auch in den eigenen Lebens- und Arbeitsverhältnissen für die Verwertung unbequem zu sein
Das verraten wir nicht, sonst wäre es ja kein Geheimnis mehr! Aber im Ernst: Wir glauben, dass für eine sozialrevolutionäre Organisierung ein langer Atem notwendig ist. Das heißt, dass man es auch aushalten muss, wenn die tägliche "Maulwurfsarbeit" nicht stendig neue Erfolge bringt. Hier sehen wir uns auch im starken Gegensatz zum oft sehr kampagnienorienterten Mainstream in der hiesigen radikalen Linken. Unserer Meinung nach führt diese Orientierung dazu, dass die Kritik und Analyse der Verhältnisse oft oberflächlich bleibt und die Praxis meist nur mit hektischem, kurzfristigem Aktivismus auffällt und auch nichts mit den eigenen Leensverhältnissen zu tun hat. Ein solcher Aktionismus ist für die meisten auch nicht lange durchhaltbar und der Linksradikalismus ist dann nur eine kurze Phase im Leben bevor man dann irgendwann nach ein paar Jahren privatisiert oder in irgendwelchen reformistischen Organisationen sein Auskommen sucht.
Interessent*/innen können uns einfach eine E-Mail an info[at]labandavaga.org schicken und dann schauen wir, ob es von beiden Seiten aus passt.