„Post vom Planet 42“


Planet42
Mieterinnensyndikat Besetzung Wohnen Hausprojekt Selbstverwaltung

DIE HÄUSER DENEN, DIE DRIN WOHNEN!

Vor einigen Jahren gab es innerhalb des seit geraumer Zeit im Ruhestand verweilendem AFOWL (Anarchistisches Forum OWL) eine Gärtner:innen-Gruppe namens HEUSCHRÄCKEN (sic).

Ein halbes bis ganzes Dutzend Anarchistas hatte diese Gruppe gegründet, um sukzessive mehr und mehr unabhängiger von der marktgesteuerten Nahrungsmittelbeschaffung zu werden.

Autonom und selbstverwaltet gemeinsam gegen Kapitalismus und Schnecken-Invasionen!

Ein kurzes Statement aus dem Selbstverständnis der Gruppe:

„Aus anarchistisch-sozialistischer Perspektive sollten Kollektiveigentum und Bedürfnis- statt Profitorientierung leitende Prinzipien im landwirtschaftlichen Arbeitsprozess und im Bereich Selbstversorgung sein, welche sich unter Rücknahme menschlicher Interessen positiv auf tierische Lebewesen und Umweltgüter auswirken werden.“

(Das komplette Selbstverständnis findet ihr in der Postille des AFOWL, der conAction, in der Ausgabe Nr. 2 - s.u.)

Der Schreiberling dieser Zeilen hier war beim AFOWL, aber keine HEUSCHRÄCKE. Durch die Berichte der Gärtner:innen bekamen die Menschen im AFOWL aber von den Fortschritten des Anbaus und von den Schwierigkeiten bei der ökologischen Bekämpfung hungriger Schneckenmäuler mit, auch wenn mensch selbst vielleicht andere Schwerpunkte bei der politischen Arbeit im Forum hatte.

„Meine Oma hat auch einen Garten und ernährt sich zum Teil von den Erträgen daraus. Ist sie deshalb auch schon eine politische Aktivistin?“

Das fragte mich vor ein paar Jahren ein guter Freund, als ich ihm von den HEUSCHRÄCKEN erzählte. Was ich damals nicht sagte und jetzt antworten würde, wäre vielleicht:

„Auch wenn deine Oma sich nicht als „politische Aktivistin“ sieht oder sehen würde, ist sie das in gewisser Hinsicht schon. Aus dem Grund, dass sie sich freiwillig dazu entschieden hat nicht nur die Waren des Marktes zu konsumieren, sondern auch selbst tätig wurde. Es ist Teil einer Selbstermächtigung, sich zu entscheiden auf seine Umwelt einzuwirken und etwas für sich und andere zu verändern. Natürlich ist Lebensmittelkonsumption nur ein Teil des Lebens, aber auf keinen Fall ein Teil, den wir unter den Tisch fallen lassen können.

Vielleicht ist deine Oma aber das Gegenteil von dem, was die HEUSCHRÄCKEN waren!?! Zum Beispiel, wenn deine Oma ihren Garten nicht nur vor Schnecken beschützt, sondern ihn mit Stacheldraht sichert. Wenn sie andere Menschen für sich arbeiten lässt und ihre Arbeitskraft ausbeutet. Wenn sie die Erträge nicht teilen will und sie lieber vergammeln lässt, damit keine „Schmarotzer:innen“, die „nichts beigetragen“, sich davon ernähren. Wenn sie den Garten der Nachbar:innen mit Waffengewalt erobert und ihrem Garten einverleibt. Wenn sie AFD wählen geht und danach eine Karotte aus ihrem Garten zupft, wobei zweiteres keine Rolle spielt:

Dann ist sie keine „anarchistische Aktivistin“ sondern gehört zu denen, die die strukturelle Gewalt des gegenwärtigen Systems unhinterfragt übernehmen und durch ihr Handeln festigen. Das macht den Unterschied aus.“

Warum dieser Ausflug zum selbstverwaltetem Gärtnern bezüglich des Textes über unser Hausprojekt? Nun, zum ersten haben wir einen Garten und brauchen momentan echt Hilfe beim Verzehr des Überangebots an Brombeeren, Zucchinis und Pflaumen. Zum anderen stellt sich manchmal die Frage, was an Hausprojekten jetzt so politisch sei. Wohnen doch eine Menge Menschen in Häusern, ohne damit ein politisches Selbstverständnis zu verbinden.

Aber uns fallen ein paar alltägliche Dinge dazu ein, warum wir unser Projekt als politisch definieren:

  • Als Aspirant:in für die Mitgliedschaft im Miethäusersyndikat, was beinhaltet, dass dieses Haus nie mehr verkauft werden kann,
  • als Projekt, welches von mehreren Dutzend Freund:innen und Sympathisant:innen mit einem Direktkredit unterstützt wurde,
  • als Haus, dessen Ursprünge im geräumten und zu Schutt & Asche gewordenen besetzten Haus in der Stapi liegen,
  • als Ort der bezahlbare Mieten auf lange Sicht beibehalten will,
  • als Haus in dem politisch aktive Menschen wohnen,
  • als Platz wo Skills, sowie auch anderer Kram geteilt wird,
  • als Probierfeld, inwiefern wir uns ausserhalb der kapitalistischen Maschine stellen können, z.B. dadurch, dass wir unseren Kaffee aus dem SOLIDARISCHEN HANDEL der FAU Bielefeld beziehen,
  • als Ort, wo wir versuchen ressourcen-schonend zu leben,
  • Als Inhaber:innen eines ½ Ernteanteils der noch recht jungen SoLaWi ROSE & FENCHEL,
  • als Haus, das von den Bewohner:innen gemeinsam- und selbst-verwaltet wird (was zuletzt nicht immer astrein funktionierte, aber immer noch die Zielaufgabe, bzw. der angepeilte Weg, ist).

Das und noch vieles mehr sind Bausteine, die möglicherweise zusammenwachsen und Strukturen bilden, welche eine Basis für eine post-kapitalistische Welt sein könn(t)en. Klingt zu einfach? Ist es aber gar nicht, sondern manchmal auch mal richtig frustrierend. Aber zu schwer ist es nicht und einfacher kann es werden, wenn durch Vernetzung mit anderen progressiven und emanzipatorischen Projekten, viele weitere Schultern diese Art zu leben tragen. Schultern von Menschen, die auf einen Plan B pfeifen und bereit sind, für Plan (A) gemeinsam zu kämpfen (oder auch mal zu verlieren). Die zusammen leben, lieben, weinen, lachen und das gute Leben (FÜR ALLE!) feiern wollen. Das kann richtig schön werden!

Mehr Infos über unser Projekt findest du hier:

Homepage

Oder hier:

Instagram

Ihr wollt uns mal besuchen und/oder habt Fragen?:

Mail: planet42@posteo.de

Ihr interessiert euch für den gesamten Text der HEUSCHRÄCKEN?:

conAction

Wir sehen uns vielleicht

Die Planet-42-Crew

Planet 42

Der Planet 42 ist ein Hausprojekt im Bielefelder Osten. Wir haben das Haus gekauft und verwalten es selbst. Wir orientieren uns in unserem Zusammenleben an anarchistischen Idealen, ohne Menschen ausschließen zu wollen, die sich selbst nicht als Anarchist:innen sehen. Konsens ist u.a. die gegenseitige Hilfe, der Abbau von Hierarchien und die Reflektion von unseren Handlungsweisen als Menschen die im Kapitalismus leben und dadurch auch sozialisiert werden/wurden. Als „ halb-offenes“ Haus ist die Tür für Freund:innen (und die es werden wollen) immer offen und wir laden zu kulturellen und (in Zukunft hoffentlich mehr) politischen Veranstaltungen ein. Das gute Leben für Alle muss keine Utopie sein.

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