Interview: Communaut


anarchismus.de Kollektiv
Interview

1. Was ist communaut.org und 2. Seit wann gibt es das Projekt und wo verortet ihr euch innerhalb der Linken?

Der Blog communaut.org ist im August 2021 online gegangen. Er wird von verschiedenen Gruppen und Einzelpersonen betrieben, die sich als antiautoritär-kommunistisch verstehen und gemeinsam für eine klassen- und staatenlose Weltgesellschaft streiten. Er entspringt einerseits dem Bedürfnis nach intensiverem Gedankenaustausch und engerer Zusammenarbeit zwischen den Beteiligten, die in verschiedenen Städten und inner- und außerhalb der Redaktion der Zeitschrift Kosmoprolet tätig sind. Andererseits soll er unseren Zusammenhang anderen Interessierten bekannt machen und sie zu unseren Diskussionen und Aktivitäten einladen. Wir veröffentlichen zu diesem Zweck Analysen von Kämpfen, Interventionen in Debatten, aber auch Beiträge, die die Klärung grundlegender Fragen kommunistischer Theorie, Praxis und Organisation fördern.

3. An welchen Texten arbeitet ihr grade, auf welche Themen dürfen wir uns in nächster Zeit freuen?

Natürlich beschäftigt uns, wie momentan wohl die meisten Menschen auch, der Krieg in der Ukraine und seine globalen Folgen, wie die Verschärfung der kapitalistischen Krise, steigende Energie- und Lebenshaltungskosten, die militärische Aufrüstung, die Lage der Flüchtlinge usw. Sicherlich wird es weitere Texte zu diesem Komplex geben. Daneben läuft auf dem blog immer noch eine Diskussion zur Organisationsfrage, die auch weitergeführt werden wird. Der Lesekreis zur Geschichte der Arbeiter*innenbewegung wird weiter durch die Zeit schreiten und in den kommenden Folgen bis ins Jahr 1921 vorankommen. Geplant ist auch verstärkt Berichte aus der Arbeitswelt zu veröffentlichen. Gerne können uns entsprechende Erfahrungsberichte zugeschickt werden.

4. Wie würdet ihr den Stand der antiautoritären Linken in Deutschland und darüberhinaus beschreiben?

Puh, das führt sehr weit und in vielen Landstrichen kennen wir uns auch nicht aus. In Deutschland scheint uns die antiautoritäre Linke – und das schließt natürlich uns mit ein – in gesellschaftlicher Bedeutungslosigkeit versunken zu sein. Sie ist als eigenständiger Pol nicht sichtbar, geschweige denn wirkmächtig. Sowohl während der Corona-Pandemie als auch aktuell angesichts des Kriegs in der Ukraine und seiner Folgen schafft sie es nicht, eine eigenständige Position zu formulieren und praktisch werden zu lassen, die sich den von herrschender Seite vorgegebenen Kritik- und Konfliktlinien entzieht. Hierzulande und sicher auch in anderen Ländern kann man allerdings schon seit geraumer Zeit eine Selbstaufgabe von Teilen des ehemals antiautoritären Milieus beobachten, die sich wieder ganz klassisch an Parteien und Regierungen orientieren, von Syriza und Podemos über Bernie bis zu dem Militär-Hammel Chavez. Eine Aufgabe unseres Blogs sehen wir darin, das als vorprogrammiertes Scheitern zu kritisieren und den alten Gedanken der Selbstbefreiung immer wieder zu aktualisieren – auch die „linken“ Staatsmänner werden es nicht richten. Wir müssen aber auch verstehen, woher der Wunsch danach kommt. Kurz gesagt erleben wir seit vielen Jahren in vielen Ländern breite spontane Bewegungen, die keine Führungsfiguren haben, sich selbst organisieren und für beträchtliche Unruhe sorgen, vom arabischen Frühling 2011 bis zu den Gelbwesten 2019, die aber über diese Unruhe hinaus praktisch nichts erreichen. Diese Lücke, dieses Fehlen einer klaren Vorstellung von Ziel und Weg, können linksbürgerliche Parteien dann immer zeitweilig füllen, bis ihr Zauber verflogen ist. Deshalb halten wir wenig davon, solche spontanen Bewegungen irgendwie zu verhimmeln, und führen auf dem Blog sowohl eine Debatte über Spontaneität, Programm und Organisation als auch über die Konturen einer befreiten Gesellschaft, also die in Kosmoprolet begonnene Debatte über die Weltcommune.

5. Wie hat sich euer Projekt im Kontext der Corona Situation entwickelt?

Eine der Quellen aus denen communaut.org entstanden ist, war der Blog Solidarisch gegen Corona, der vor allem die weltweiten Kämpfe während und wegen der Pandemie dokumentierte, dies aber auch mit weitergehenden Debatten über Arbeiter*innenmacht und die Überwindung der jetzigen miserablen Ordnung verband. Neben dieser direkten Abstammung aus der Beschäftigung mit Corona, hätte es den blog aber auch ohne die in der Pandemie allgemein durchgesetzten Kommunikationsformen, wie Videokonferenzen, nicht gegeben, denn nur so war es möglich Personen aus so vielen Städten zusammenzubringen und Redaktionssitzungen zu organisieren.

6. Kann man bei euch mitmachen und wenn ja wie?

Wir freuen uns immer über Texte, Kritiken, Leser*innenbriefe etc. die uns zugesendet werden. Dafür kann unser Kontaktformular (https://communaut.org/de/contact/feedback) gerne verwendet werden. Ganz besonders wichtig ist uns, dass wir als blog Diskussionen innerhalb der antiautoritären Linken anstoßen und führen wollen. Bei der Organisationsdebatte ist dies bereits in Ansätzen gelungen. Wir würden uns wünschen, dass dies auch bei anderen Themen, ob nun zum Krieg in der Ukraine, zur Wirtschaftskrise oder wozu auch immer genutzt wird.

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